Die Unionsparteien kommen auf 28,3 Prozent, 7,0 Prozentpunkte weniger als 2014. Auch gegenüber der Bundestagswahl 2017 mit damals 32,9 Prozent verlieren sie massiv. Die SPD sackt auf 15,5 Prozent ab (minus 11,8 Prozentpunkte gegenüber 2014) und wird hinter den Grünen nur noch drittstärkste Partei.
Trotz aller Versuche, die Ablehnung ihrer Rechtsentwicklung unter den Massen durch Rücktritte, Personalwechsel und allerlei Relativierungen abzudämpfen, kommen sie zusammen auf nur noch 44,3 Prozent – ein wahres Erdbeben für die selbsternannten „Volksparteien“.
Grüne profitieren von wachsendem Umweltbewusstsein
Die annähernde Verdoppelung des Stimmenanteils der Grünen (von 10,7 auf 20,3 Prozent) ist vor allem dem wachsenden Umweltbewusstsein unter den Massen zu verdanken. So war das Thema Umwelt- und Klimaschutz für die meisten Wählerinnen und Wähler dieses Mal wichtigstes Kriterium. Darüberhinaus haben sich die Grünen auch in wichtigen Fragen wie der Flüchtlingspolitik als Opposition dargestellt. In der Unterstützung dafür manifestiert sich – was die subjektiven Motive der Menschen betrifft – der Linkstrend gegenwärtig am ausgeprägtesten.
Dabei kommt den Grünen auch zugute, dass sie sich in den Augen vieler Wähler nach wie vor am meisten für den Umweltschutz einsetzen. In der Realität ihrer Regierungspolitik – bis 2005 auf Bundesebene und seitdem weiterhin in mehreren Bundesländern – kann davon längst nicht mehr die Rede sein. So tragen sie den sogenannten „Kohlekompromiss“ aktiv mit, der die Abschaltung aller Kohlekraftwerke bis zum Jahr 2038 hinauszögern soll, haben die Abholzung des Hambacher Waldes mitbeschlossen usw.
AfD unter eigenen Erwartungen – stärkste Partei in Sachsen und Brandenburg
Die ultrareaktionäre, faschistoide AFD legt gegenüber der letzten Europawahl um 3,7 Prozentpunkte auf 10,8 Prozent zu. Damit liegt sie aber unter dem Ergebnis der Bundestagswahl von 12,6 Prozent und scheitert gegenüber ihrem Ziel, bei der Europawahl mit 20 Prozent abzuschneiden.
Dass sie nach wie vor mit ihrer Demagogie einen Teil der Menschen mit niedrigem Klassenbewusstsein verwirrt und beeinflusst, zeigt sich in einzelnen Bundesländern und Regionen. So wird die AfD nach bisherigen Zwischenergebnissen in Sachsen und Brandenburg stärkste Partei. Das zeigt, welche Anforderungen weiterhin an die antifaschistische und antirassistische Aufklärungsarbeit über ihren wahren Charakter als Wegbereiterin des Faschismus gestellt sind.
Internationalistische Liste / MLPD – erfolgreiche Aufbauarbeit
Die Internationalistische Liste / MLPD erhielt 18.340 Stimmen, etwas mehr als bei der letzten Europawahl. Im Wahlkreis Esslingen 160 gegenüber 153 bei der letzten Europawahl. In Esslingen unterstützten MLPD-Mitglieder aktiv den gleichzeitigen Kommunalwahlkampf von FÜR Esslingen. 2014 dauerte die Wahlkampagne fast doppelt so lang, und es kandidierten nur 25 statt wie jetzt 41 Parteien. Vor allem erhielt die Internationalistische Liste / MLPD sehr bewusste Stimmen, die meistens in enger Verbindung mit der Kleinarbeit standen. Besonders viele Sympathien gewann sie unter Jugendlichen, Flüchtlingen und Migranten ohne deutschen Pass, was im Stimmergebnis naturgemäß nicht zum Ausdruck kommt.
Die Internationalistische Liste/MLPD organisierte in nur zwei Wochen eine konzentrierte, sehr engagierte und wirksame Wahlkampagne. Sie führte über 90 größere Kundgebung durch, hängte 90.000 Plakate auf. Sie legte dabei größten Wert auf Bewusstseinsbildung und die Organisierung der Menschen. Es ist einer der größten Erfolge, dass 500 neue Kontakte für das Internationalistische Bündnis gewonnen werden konnten.
Die Liste ist natürlich nicht zufrieden mit dem Stimmenergebnis, dass höher liegen könnte. Aber wir sind ausgesprochen zufrieden mit unserer kurzen schlagkräftigen Kampagne, gemessen am Ziel einen bewusstseinsbildenden Wahlkampf zu führen und die Bewegung des Internationalistischen Bündnisses zu stärken.
Die MLPD (als eine der Organisationen im Bündnis) ist in dieser Wahl mehr noch als sonst gegen den bürgerlichen Mainstream der EU-Verklärung geschwommen. Sie hat die imperialistische EU frontal und von links kritisiert. Wir haben Bewusstseinsbildung betrieben, was Imperialismus heißt und was die Rechtsentwicklung der Regierung bedeutet – und wie man das auch in einer organisierten Zusammenarbeit bekämpfen kann. Wir haben gut unsere gesellschaftliche Alternative der Befreiung von kapitalistischer Ausbeutung und Unterdrückung, die sozialistische Alternative, in die Diskussion bringen können.